Erbaut 1907-08 von Max Gröschel (Architekt: Paul Undeutsch)
Belvederer Allee 30 99425 Oberweimar
„Das Wohnhaus entstand 1907/08 im Auftrag des Bäckermeisters Max Gröschel nach Plänen des Architekten Paul Undeutsch. Wie bei den benachbarten Bauten Undeutschs (Belvederer Allee 28 und 29) zeichnet sich die Architektur dieses kleinen Einfamilienhauses durch eine plastische Durchdringung unterschiedlicher Baukörper und eine differenzierte Fassadengestaltung aus, wie sie für die Reformarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts charakteristisch ist. Besondere Beachtung verdient der Wechsel zwischen den Natursteinbossen des Sockels, die im Eingangsbereich auch Teile des Hochparterres bedecken, und in glatt verputzten Wandflächen. Der aus der vorderen Bauflucht zurückgesetzte Eingang wird über eine Freitreppe erschlossen. An der Straßenseite unterbricht ein im Grundriss stichbogiger, eigens verdachter Anbau die Sockelverblendung. Die Pfosten der dortigen dreiteiligen Fenstergruppe sind bis in Höhe der Kämpferlinie mit dunkelblau glasierten Fliesen verblendet. Der Umriss des ziegelgedeckten Daches ist entsprechend dem differenziert gegliederten Baukörper gestaffelt.
Die Grundrissgestalt weicht zum Teil von der üblichen Disposition zeitgenössischer Landhäuser ab. So ist die Treppe diagonal in der Südwestecke angeordnet und neben Speiseraum und Wohnzimmer befinden sich im Parterre auch die üblicherweise im Keller-beziehungsweise Dachgeschoss untergebrachte Küche sowie die Schlafzimmer. Die baufeste Ausstattung der Erbauungszeit, zu der die Treppe, Dielenfußböden, Türen und Fenster gehören, blieb weitgehend erhalten. Der Vorgarten wird durch einen Holzlattenzaun begrenzt.“ „Der Architekt Paul Undeutsch war leitender Mitarbeiter im Büro Henry van de Veldes, dessen gestalterischer Einfluss in der gedrungenen Plastizität des Baukörpers und in der linearen Ornamentik der Fassaden erkennbar ist.“
Quelle: BAA Weimar, Bauakte Belvederer Allee 30 zitiert nach Rainer Müller et al
„Die Häuser Belvederer Allee 28, 29 und 30 sind ein Musterbeispiel für das Reifen des Jugendstils – sowohl allgemein als auch im persönlichen Schaffen von Undeutsch.
Nummer 28 ist noch konventionell und hat romantische Züge. Nummer 29, im Stil der Muthesiusschen Landhäuser, ist sehr schlicht und zurückhaltend gestaltet. Nummer 30 schließlich, wohl das bedeutendste, ist ein bewegter Körper, von innen heraus gestaltet, in schöner Ausgewogenheit. Man denke sich einmal die historischen Attribute (Dach, Details, Fensterform) weg und reduziere das Gebäude auf die geometrischen Körper – es ist ein Bau, den man noch heute als modern bezeichnen würde und das unseren Anforderungen an allseitige, plastische Gestaltung und Synthese von Innen- und Außenraum entspricht“
Zitiert aus Weimarers Schriften „Jugendstil“ Stadtmuseum Weimar, Seite 19, ohne Jahr
Das Haus wechselte mehrfach Besitzer und Mieter. Nach Max Göschel wohnte dort der Hauptmann Max Merker. Nach 1945 wohnten zeitweilig bis zu vier Mietparteien gleichzeitig in dem Haus. Neben verschiedenen Umbauten wurde das Haus noch um eine Garage ergänzt. Quelle: Angaben des aktuellen Besitzers, 2022
Das eigene Wohnhaus von Paul Undeutsch steht in der Belvederer Allee 48.
Literatur und Quellen
- Rainer Müller et al: Kulturdenkmale in Thüringen 4 Bd. 2: Stadt Weimar – Stadterweiterung und Ortsteile, E. Reinhold Verlag, Altenburg 2009. ISBN 978-3-937940-54-0, S. 662-663.
- Weimarers Schriften „Jugendstil“ Stadtmuseum Weimar, ohne Jahr, S. 19.