Martin-Luther-Straße 99425 Oberweimar
Nach dem „Lexikon zur Stadtgeschichte“ liegt die erste Begräbnisstätte Oberweimars unmittelbar an der damaligen Klosterkirche. Eine weitere ist seit 1323 an einem Spital an der heutigen Falkenburg nachgewiesen. 1471 errichtete man dort eine Kapelle. Auf Beschluss des Herzogs Ernst August wurde im Jahr 1732 das Areal eingeebnet. Er ließ dort das Fort Falkenburg errichten, eine Verteidigungsanlage mit Exerzierplatz, benannt nach dem vom Herzog gestifteten Falkenorden. Schon 1756 wurde es wieder abgerissen.
Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in Oberweimar hatte man bereits 1585 einen „Neuen Friedhof“ außerhalb des Ortskerns geschaffen. Bereits wenige Jahre später musste dieser wegen der vielen Toten, die der Pest zum Opfer fielen, erweitert werden. Noch heute wird dieser kleine Friedhof für die Beisetzung Oberweimarer und Weimarer Bürger genutzt.
Er ist ca. 0,7 Hektar groß und von einer Natursteinmauer umfasst. Eine Lindenallee trennt die die Anlage in den älteren südlichen und den neueren nördlichen Teil. Von dieser sind noch einige prächtige Bäume erhalten. Sie spenden Schatten und vermitteln ein Gefühl der Stille und Ehrwürdigkeit. Das Gelände ist hügelig, meist grasbewachsen, verteilt stehen naturbelassene Sträucher, Bänke laden zum Verweilen ein.
Im älteren Teil findet man sieben Grabsteine aus der Zeit des Barock. Sie sind aus Sandstein gefertigt und reich verziert. Leider kann man durch die starke Verwitterung die Inschriften kaum noch lesen. Neben den meist kleineren gut gepflegten Gräbern findet man die Erbbegräbnisstätte der Familie Heydenreich. Sie wurde als Mausoleum um 1910 errichtet. Hugo Heydenreich (1866-1914) war Rittergutsbesitzer und Oberamtmann in Oberweimar.
Ein bescheidener Travertinblock nördlich der Lindenallee erinnert an die Gefallenen des 1. Weltkriegs.
Erwähnenswert sind die Grabstätten von vier Künstlern, die eine besondere Beziehung zu Weimar hatten:
- Tina Bauer-Pezellen (1897-1979)
- Die Künstlerin stammte aus Dalmatien und lebte seit 1937 in Weimar. Als Grafikerin und Malerin setzte sie sich oft sozialkritisch mit dem Leben der Schwachen und der Kinder auseinander.
- Alexander Olbricht (1876-1942)
- siehe auch: Wohnhaus Alexander Olbricht, Merketalstraße 23
Er war seit 1899 in Weimar ansässig und ist ein bedeutender Vertreter der Weimarer Malerschule.
- Rudolf Holzschuh (1865-1943)
- Der Maler gehört ebenfalls zu den Künstlern der Weimarer Malerschule. Von ihm sind viele Landschaftsbilder mit Motiven aus Weimar und dem Harz bekannt.
- Hugo Gugg (1878-1956)
- Hugo Gugg war Meister der Porträt- und Landschaftsmalerei. Als Lehrer an der Staatlichen Hochschule für Baukunst, Bildende Künste und Handwerk in Weimar war er u.a. 1937/38 mit der Ausgestaltung des Hotels Elephant beauftragt.
Biegt man von der Martin-Luther-Straße ab in den Quellenberg, befindet sich linksseits ein weiteres Grabfeld, das mit neueren Gräbern besetzt ist. Auf dieser Seite befindet sich auch das ehemalige Leichenhaus. Es ist dem Zeitgeschmack entsprechend umgebaut und wird als Wohnhaus genutzt.
Der kleine, inzwischen 437 Jahre alte Friedhof in Oberweimar ist bis heute ein lebendiges Zeugnis vergangener Zeiten.
Literatur und Quellen
- Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Böhlau, Weimar 1993; 2., verbesserte Auflage, Böhlau, Weimar 1998. ISBN 978-3-7400-0807-9.
- Rainer Müller et al: Kulturdenkmale in Thüringen 4 Bd. 2: Stadt Weimar – Stadterweiterung und Ortsteile, E. Reinhold Verlag, Altenburg 2009. ISBN 978-3-937940-54-0, S. 1032.